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Rosa Farbflecken und dicke Schlieren grüner Dispersionsfarbe scheinen auf manchen Fotografien zu verlaufen. Auf anderen erkennt der Betrachter nach längerem Hinsehen Hohlwege, terrassierte Abhänge, Wasserbüffel, ein Reisfeld - asiatische Landschaften.

Einzelne Bildelemente von Thomas Petris querformatigen "Digitalen Sequenzen" erinnern an Malerei, doch hauptsächlich spielen sie mit der Möglichkeit, reale, mittels digitaler Fotografie aufgenommene Motive durch Zerlegung und Bearbeitung am Computer bis zur Unkenntlichkeit zu verfremden und sie zu neuen Kompositionen zu verbinden. Die auf Reisen gewonnenen Originalfotos der acht Werke sind teilweise schon nicht mehr gegenständlich, sondern bereits im Hinblick auf das künstlerische Gesamtbild aufgenommen worden.

Der in Heidelberg lebende Fotograf Thomas Petri (Jahrgang 1955), der im Rhein-Neckar-Raum 2001 im Kunstverein Mannheim und 2005 bei SAP Walldorf ausstellte, erlebte seine prägendste Zeit in Paris bei dem international bekannten Fotografen Gerhard Vormwald, der schon expreimentell arbeitete. Petri ging diesen Weg weiter, "grade nicht die Realität abzubilden, die Fotografie ins Wanken zu bringen", wie Barbara Auer vom Kunstverein Ludwigshafen ausführte. Dabei entwickelte er seinen ganz eigenen Stil.

Der Computerfreak beschäftigte sich schon früh mit der Digitalfotografie und schätzte vor allem die nicht auf einen Film begrenzte Experimentiervielfalt am Bildschirm. Seit 2000 widmet er sich - nach Ausflügen in den 3D-Animationsfilm - mit den "Digitalen Sequenzen" wieder der Fotografie. Für die Bildbearbeitung schreibt er auch seine eigenen Programme.

Natur, Städte, Verkehr, Bauwerke in Europa und Asien werden so wiedergegeben, dass sie grade noch erkennbar sind. Und doch geht es um mehr: Ob von nahem oder weitem betrachtet - durch die starke künstlerische Auflösung der ursprünglichen Bildformen mit Mitteln der Verzerrung oder Verfremdung, nur begrenzt durch die Zahl der Pixel, scheitert die genaue Entschlüsselung des Bildes. Petri hat, wie er sagt, tatsächlich fast jeden Wiedererkennungswert in den Bildern ausgelöscht. Er will keinen Moment festhalten. Ihm geht es in einer Sequenz vor allem auch um den gestalterischen Aspekt. Die Sequenz, der Zusammenschluss mehrerer Bildabschnitte, soll als solche ästhetisch wahrgenommen werden.

Die teilweise wiederkehrenden Bildelemente erwecken den Eindruck, als seien sie in Bewegung abgelichtet. Sekundenlang gibt es Unterbrechungen: Da, wo die Schnitte liegen und ein neuer Bildabschnitt beginnt. Eine neue Frage, ein neues Enträtseln.

Das Unstete unserer Zeit könnte man in diesen fotografischen Experimenten sehen. Insofern gehen Petri acht Werke wesentlich über die Darstellung heiterer und leichter Reiseimpressionen hinaus. Eher wirken sie wie flüchtige Erinnerungsfetzen, die vorüberziehen.

Susann Behnke-Pfuhl, RNZ